Von dem isländischen Schriftsteller Ragnar Jónasson ist mir die spannende Thriller-Trilogie um Kommissarin „Hulda“ und auch die „Dark-Iceland-Reihe“, die mit „Schneeblind“ startet, bestens bekannt.
Katrín Jakobsdóttir ist seit 2017 Premierministerin Islands und mit Ragnar Jónasson seit langem befreundet. „Reykjavik“ ist ihr erster gemeinsamer Roman.
Ein alter „Cold-Case-Fall“ beschäftigt jedes Jahr aufs Neue die isländischen Medien:
Im Sommer 1956 verschwindet die 15-jährige Lara spurlos von der beschaulichen vor Reykjavik liegenden Insel Viðey, wo sie in den Sommerferien als Haushaltshilfe tätig war. Jeder Winkel der Insel wird nach ihr abgesucht, aber es gibt auch nach 30 Jahren keinen Hinweis, wo Lara ist oder was mit ihr geschah.
Und hier kommt 1986 Valur, ein junger, engagierter Journalist ins Spiel, der sich akribisch mit dem Verschwinden von Lara befasst und darüber in einer Lokalzeitung schreibt und mit seiner Sicht der Dinge offenbar jemanden „in Unruhe“ versetzt…
Das Buch liest sich gut. Die Handlung besteht aus zwei Teilen, einzelne Kapitel sind jeweils mit Ort und Datum versehen, sodass das Einordnen keine Schwierigkeiten bereitet.
Die Suche und die jährliche Aufarbeitung in den isländischen Medien, was mit Lara geschehen ist, entwickelt sich langsam, aber spannend, dabei schwebt über der Handlung des ersten Teils eine unheilvolle Atmosphäre.
Alle mitwirkenden Personen und auch die jeweilige zeitgeschichtliche Kulisse sind gut dargestellt, sodass man sich im Geschehen problemlos zurechtfindet.
Im zweiten Teil ändert sich die Erzählperspektive. Leider ebbt dann die Spannung langsam ab, da die Story für mich vorhersehbar wird. Auch manche Szenen empfand ich als unrealistisch, was sich ganz besonders bei der erneuten Suche auf Viðey und dem weiteren Verlauf widerspiegelt, denn ab da verläuft mir alles einfach „zu glatt“. Die gut verborgene Auflösung der Geschichte vermag dies dann auch nicht mehr aufzufangen.
Fazit: Schade, die anfängliche Spannung ebbt ab und die Handlung „wackelt“ an manchen Stellen, daher insgesamt 3 von 5 möglichen Punkten.
Vor einem Jahr habe ich die gleichnamige spannende Buchvorlage von „Ich bin der Abgrund“ aus der Feder des italienischen Autors Donato Carrisi gelesen. Alle seine mir bekannten Thriller wie z.B. „Der Nebelmann“ oder auch „Diener der Dunkelheit“ sind unter seiner Regie erfolgreich verfilmt worden!
Das Drehbuch zu „Ich bin der Abgrund“ hat der Autor selbst verfasst und außerdem wieder Regie geführt. Einen Einblick in den Trailer oder die Dreharbeiten am Comer See in Italien, wo die Handlung angesiedelt ist und Interviews mit Cast und Crew findet man im Bonusmaterial.
Thematisch geht es um verschiedene Formen von Missbrauch – sei es nun körperlich oder seelisch -, was schon „hard stuff“ ist. Dem Autor ist es zwar gelungen nicht zu sehr ins Detail zu gehen, aber mir ist immer noch die nervenaufreibende Szene präsent, wo ein kleiner Junge in einem „Swimmingpool“ in höchste Lebensgefahr gerät…
Diese „Schlüsselszene“ findet sich auch eindrucksvoll im Film wieder, sodass einem die Nackenhaare hochstehen.
Der Thriller ist nichts für schwache Nerven und nah am Buch verfilmt, wo aus verschiedenen Puzzleteilen ein Gesamtbild entsteht:
Ein Leichenteil wird im Wasser des Sees entdeckt, das sich als Frauenarm „entpuppt“, an dessen Hand ein rot lackierter Fingernagel abgebrochen ist, das fehlende Nagelteil taucht dann unerwartet an anderer Stelle wieder auf…
Ein unscheinbarer, am liebsten allein arbeitender Müllmann, der rund um den See die Mülleimer leert, übernimmt einen Teil der Handlung. Er mag Menschen nicht sonderlich gern, weswegen er sich unauffällig verfällt und sein Leben aus Routine und Struktur besteht. Diese Tristesse zeigt sich vornehmlich am Tage, denn abends und in der Nacht drängt ihn jemand aus diesem Einerlei heraus und man sieht ihn u.a. in verruchte Bars einkehren.
Das Leben des Müllmanns ändert sich eher unfreiwillig, als er ein junges Mädchen mit einer auffälligen lila Haarsträhne vor dem Ertrinken aus dem See rettet.
Eine leidgeplagte und in ärmlichen Verhältnissen lebende Frau, die jeder in dem kleinen Ort am Comer See kennt, interessiert sich für die polizeilichen Ermittlungen, die mit dem gefundenen Frauenarm zusammenhängen…
Die tiefgreifende erschütternde Handlung des Buches, die an wahre Geschehnisse angelehnt ist, war mir noch gut in Erinnerung geblieben. Donato Carrisi ist eine sehenswerte Verfilmung gelungen, die in menschliche Abgründe blicken lässt. Über der Gesamthandlung schwebt eine düstere und unheilvolle Atmosphäre, die sich in den brutalen und kaum vorstellbaren Dingen widerspiegelt, die Menschen einander antun, was hier unausweichlich in einer Tragödie endet..
Fazit: Die Verfilmung der nervenaufreibenden Buchvorlage ist gut gelungen und sehenswert